Langfristige Geldanlage mit P2P Krediten – echte Alternative oder Modeerscheinung?

Langfristige Geldanlage mit P2P Krediten – echte Alternative oder Modeerscheinung?

Ein Gastbeitrag von Sebastian – Betreiber von rock-die-boerse.de

Wahrscheinlich wird niemand die Behauptung in Frage stellen, dass klassische Spareinlagen wie Tagesgeldkonto oder Festgeld zu einer aussterbenden Gattung gehören.

Zumindest im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist das so.

Auf der Suche nach Alternativen kommt man als Privatanleger immer häufiger auch mit dem Begriff P2P Kredite in Berührung.

Kredite von Privat für Privat? 

Was genau steckt dahinter und handelt es sich hierbei tatsächlich um eine echte Alternative zu Aktien, ETFs und Co.?

Oder sind diese P2P Kredite nur eine kurzfristige Modererscheinung und ein Versuch, der etablierten Bankenszene Konkurrenz zu machen?

Genau diesen Fragen soll im folgenden Beitrag auf den Grund gegangen und P2P Kredite als Kapitalanlage für Privatanleger näher vorgestellt werden.

Insbesondere Anleger, die bislang überhaupt nicht oder nur sehr vage mit dem Begriff in Berührung gekommen sind, werden erstaunt sein, wie lukrativ diese Anlageform tatsächlich sein kann.

P2P Kredite sind auf dem Vormarsch

Um zu erkennen, dass P2P Kredite immer mehr auf dem Vormarsch sind, muss man kein Finanzexperte sein. Hier genügt ein Blick auf allgemein zugängliche Statistiken.

So prognostiziert zum Beispiel das Portal Statista.de für das Jahr 2018 ein P2P-Transaktionsvolumen in Höhe von 430 Millionen Euro….

…und zwar nur in Deutschland!

Gut, vergleichen mit dem Aktienmarkt sind das zwar nach wie vor Peanuts – hier erreicht eine gefragte DAX-Aktie einen solchen Umsatz gerne an nur einem Tag – wenn man jedoch bedenkt, dass im Jahr 2017 hier noch 317,5 Millionen Euro zu Buche standen, ist es doch ein stolzes Wachstum. In Zahlen ausgedrückt: 35,6 Prozent in nur einem Jahr.

Bis 2022 soll ein Wert von 879 Millionen Euro erreicht sein. Das entspräche einer durchschnittlichen Wachstumsrate des Investitionsvolumens von 19,5% pro Jahr.

Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass P2P Kredite in Deutschland bislang noch in den Kinderschuhen stecken. Andere Staaten sind bereits deutlich weiter. Zum Beispiel Großbritannien erreicht beim jährlichen Handelsvolumen immerhin einen Wert von 3,4 Milliarden Euro.

Spitzenreiter ist im Übrigen China mit einem Volumen von 71 Milliarden im Jahr 2018.

(Quelle Statistiken: https://de.statista.com/outlook/338/137/kreditmarktplatz–p2p—personal-/deutschland#)

Diese Statistiken machen unmissverständlich klar, dass P2P Kredite definitiv keine Eintagsfliege zu sein scheinen, sondern eine ernsthafte Kapitalanlage der Zukunft werden könnten.

Was sind P2P Kredite überhaupt?

P2P Kredite sind private Kredite, die ohne das Zutun von Banken vergeben werden. Eine Privatperson leiht einer anderen Privatperson Geld.

Simples Beispiel: Max möchte ein Auto erwerben, jedoch nicht auf die Zusage einer Bank warten. Aus diesem Grund kontaktiert Max einen sogenannten Darlehnsanbahner. Also ein privates Unternehmen, das Kredite vergibt und diese im Anschluss auf verschiedenen Portalen, zum Beispiel der P2P Plattform Mintos, privaten Investoren zugänglich macht.

Zuvor führt dieser Darlehnsanbahner jedoch eine Bonitätsprüfung, ähnlich der einer Bank durch. Da Max eine sehr gute Bonität besitzt, erhält er seinen Kredit binnen weniger Tage vom Darlehnsanbahner ausbezahlt und kann sein neues Auto erwerben.

Der Kreditgeber wiederrum stückelt den Kredit in viele kleine Teile auf und bietet diese, wie bereits erwähnt, auf einer P2P Plattform privaten Investoren an.

Der Darlehnsanbahner hat den Vorteil, dass er den an Max ausgegebenen Betrag sofort wiedererhält und neue Investitionen tätigen kann.

Max wiederum freut sich über einen schnellen Kredit ohne viele Hürden.

Und der dritte Profiteur im Bunde: der Privatanleger. Dieser freut sich nämlich über eine zweistellige jährliche Rendite.

Mehr steckt nicht hinter P2P Krediten. Einfach und verständlich, oder?

Zwar unterscheiden sich die einzelnen P2P Plattformen in Sachen Finanzierung, Bonitätsprüfung oder Struktur teilweise voneinander, die grundlegende Funktionsweise ist jedoch stets dieselbe.

P2P Kredite – Vor und Nachteile

Wie jede Form der Geldanlage haben auch P2P Kredite ihre Vor- und Nachteile.

Wobei die Vorteile meiner Meinung nach deutlich überwiegen.

Dennoch sollte man als Investor beide Seiten der Medaille kennen…

Vorteile von P2P Krediten

1. Schneller Einstieg möglich

P2P Kredite sind nicht sehr komplex. Die Funktionsweise lässt sich auf einer DIN A4 Seite relativ detailliert erklären.

Auch der Anlageprozess ist in der Regel selbsterklärend und leicht verständlich.

Ein klarer Vorteil also gegenüber Aktien. Denn wer hier ohne Vorkenntnisse und stetige Weiterbildung mit dem Investieren beginnt, wir schnell Schiffbruch erleiden.

2. Hohes Maß an Transparenz

P2P Kredite sind unglaublich transparent. Zugegeben, manche Plattformen geben sich hier mehr Mühe als andere. Alles in allem hat jeder Privatanleger jedoch die Möglichkeit, sich genau über den Kreditnehmer, die Kreditart und den genauen Finanzierungsplan zu informieren.

Niemand muss also „ins Blaue hinein investieren“, sondern kann ein Anlageportfolio zusammenstellen, das genau zu seinen Zielen und Risikovorstellungen passt.

3. Komplette Automatisierung möglich

Viele P2P Plattformen bieten sogenannte Portfolio-Builder.

Diese Portfolio-Builder lassen sich nach verschiedenen Kriterien konfigurieren, nach welchen im Anschluss vollautomatisch in neue P2P Kredite investiert wird.

Dabei sind unglaublich viele individuelle Einstellungsmöglichkeiten gegeben, sodass auch hier eine perfekte Anpassung an die eigene Anlagestrategie möglich ist.

Da die Portfolio-Builder nach erfolgter Konfiguration durch den Anleger Rückzahlungen und Zinserträge automatisch reinvestieren, heißt es für den Investor: Zurücklehnen und dem Geld beim Arbeiten zuschauen.

4. Rückkaufgarantie

Was passiert eigentlich, wenn ein Kreditnehmer nicht mehr zahlungsfähig ist?

Mit genau dieser Frage gehen die etablierten P2P Plattformen bislang unterschiedlich um. Während manche Anbieter nach dem Motto „Pech gehabt“ arbeiten, bieten wiederum andere eine sogenannte Rückkaufgarantie an. Hierzu gehört auch die bereits angesprochene Plattform Mintos.

Diese Rückkaufgarantie besagt: Wird ein Kreditnehmer zahlungsunfähig, kauft der Darlehnsanbahner (Wir erinnern uns: Das private Finanzinstitut, das den Kredit gewährt hat) den Kredit vom Investor zurück und kümmert sich im Anschluss eigenständig um die Geldeintreibung.

Der Investor hat so keinen Ausfall zu beklagen…

5. Sehr hohe Rendite

P2P Kredite locken mit unglaublich süßen Rendite, die im soliden zweistelligen Bereich liegen.

Bei Mintos beispielsweise sind 11% – 14% der Durchschnitt, Bondora kommt sogar auf Werte zwischen 15% – 30%. Wobei diese Plattform keine Rückkaufgarantie anbietet, sodass ausgefallene Darlehn von der Performance abgezogen werden müssen. Untern Strich bleiben auch hier jedoch ca. 13% stehen.

Die Rendite kann sich also mehr als sehen lassen.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich wirklich um einen nahezu passiven Einkommensstrom handelt.

6. Keine Kosten

Die Investition in P2P Kredite ist für Anleger völlig kostenlos. Keine lästigen Depotgebühren, keine An- und Verkauf-Spesen.

Alle Kosten, die im Rahmen der Gewährung und anschließenden Finanzierung eines Kredits anfallen, werden nämlich vom Kreditnehmer bezahlt.

Nachteile

1. Noch keine Finanzkrise durchlebt

P2P Kredite sind eine sehr junge Form der Geldanlage. Eine lange und harte Finanzkrise haben diese folglich noch nicht erlebt.

Somit sind die Folgen in einem solche Fall bislang schwer abzuschätzen. Dieser Tatsache sollten sich Investoren jederzeit bewusst sein.

2. Insolvenz eines Darlehnsanbahners

Die Darlehnsanbahner, welche die Kredite gewähren, sind privat Unternehmen und in keiner Form durch die europäische Einlagensicherung geschützt. Es handelt sich weder um Banken, noch um gleichgestellte Finanzinstitute.

Zwar unterliegen auch die Darlehnsanbahner teilweise sehr strengen staatlichen Regulierungen, dennoch sollte unbedingt das Risiko einer Insolvenz in Betracht gezogen werden.

Beide hier genannten Nachteile bringen uns unweigerlich zum nächsten Kapitel: So investiert man richtig in P2P Kredite!

So investierst man richtig in P2P

Zugegeben, das Investieren in P2P Kredite ist längst nicht mit der Komplexität des Aktienmarkts zu vergleichen. Trotzdem sollte man nicht den Fehler machen, nachlässig zu werden.

Geldanlage erfordert immer: einen Plan, Struktur und durchdachtes Vorgehen. Zumindest, wenn man diese langfristig erfolgreich betreiben möchte.

Folglich sollte man auch bei P2P Krediten nicht blind nach dem Motto „wird schon gutgehen“ investieren, sondern sich an die nachfolgenden Regeln halten…

Regel 1: Money Management

P2P Kredite sind – egal, ob mit Rückkaufgarantie oder ohne – ein sehr risikoreiches Investment. Allein die Tatsache, dass diese Anlageform erst seit einigen Jahren existiert, sollte Grund genug sein, Vorsicht walten zu lassen.

Es ist aus diesem Grund sehr ratsam, nicht sein ganzes Vermögen in P2P Kredite zu investieren.

Money Management, also der durchdachte Umgang mit dem eigenen Kapital, lautet hier das Zauberwort.

Abhängig vom persönlichen Risikoprofil sollte der maximale Anteil an P2P Krediten vom Gesamtvermögen 10% – 20% nicht übersteigen. Erst mit zunehmender Erfahrung und steigender Risikobereitschaft sollte diese Quote erhöht werden.

Regel 2: Diversifikation

Zu dieser Regel braucht man eigentlich gar nicht viele sagen, denn wahrscheinlich jeder Privatanleger ist bereits mit dem Thema Risikoverteilung in Berührung gekommen.

Was für ein Aktiendepot gilt, ist selbstverständlich auch bei P2P Kredite essenziell: Verteile dein Kapital auf mehrere Positionen. So wird das Verlustrisiko gesenkt und die Sicherheit deiner Geldanlage deutlich erhöht.

Investiere also niemals mehr als 10% deines gesamten P2P-Kapitals in nur einen Kredit.

Regel 3: Automatisiere, wenn du kannst

Moderne P2P Plattformen bieten die Möglichkeit, die Geldanlage in P2P Kredite vollständig zu automatisieren. Und das nach den strikten Kriterien und Vorstellungen des Anlegers.

Diese Möglichkeit sollte auf jeden Fall genutzt werden, denn eine Automatisierung bietet zwei enorm wichtige Vorteile:

  1. Du sparst Zeit. Eigentlich logisch, oder? Wenn dir ein Portfolio-Builder dir Arbeit abnimmt, musst du nicht selbst nach passenden P2P Krediten suchen und dich in deiner Freizeit beschneiden. Besonders bei größeren Portfolios ist dies eine willkommene Unterstützung.
  2. Du erhöhst deine Anlage-Disziplin. Wenn du die Geldanlage automatisierst, läufst du nicht Gefahr, Investitionen aus verschiedenen Gründen auszusetzen. Vielmehr investiert der Portfolio-Builder brav alle Rückzahlungen und Erträge automatisch in neue Kredite. So nutzt du den Zinseszins-Effekt bestmöglich aus.

Fazit: P2P Kredite als langfristige Geldanlage? Definitiv!

P2P Kredite sind weder eine Modeerscheinung der Finanzbranche, noch ein dubioses Zockerprodukt für die besonders mutigen Anleger unter uns. P2P Kredite sind vielmehr eine tolle Möglichkeit, die Kapitalanlage weiter zu diversifizieren.

Zugegeben: Wirklich langfristige Erfahrungswerte kann noch kein Anleger haben, denn P2P Kredite sind erst seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Auch die erste Bewährungsprobe in Form einer Finanzkrise haben sie bislang noch nicht gemeistert.

Wer jedoch mit Sinn und Verstand investiert, Money Management und Diversifikation beachtet, wird sich an den hohen Renditen erfreuen, die P2P Kredite bieten.

Und wer weiß…

…vielleicht lösen P2P Kredite ja schon in einigen Jahren Aktien oder ETFs als beliebtestes renditeorientiertes Anlageprodukt ab.

[Bildquelle: https://www.pexels.com/photo/person-counting-money-with-smartphones-in-front-on-desk-210990/ Autor Pavel Kunitzky]
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